Im Land der tanzenden Großmütter: WM-Wahnsinn hat Argentinien komplett erfasst
Positiver Wahnsinn hat Argentinien erfasst. "Andere haben Monde und Sterne auf ihren Landesfahnen. Aber für die Sonne steht man auf." So wirbt der Sportsenders TyC für Argentinien und die Weltmeisterschaft, 1:43 pathetische Minuten lang, angepinnt in dessen. Der Anlass ist ebenso wichtig wie die Botschaft: Fußball, das ist hier ein Gefühl. Nationalstolz, das ist der Fußball.
Auf den Straßen der Stadt ist der Turnierhit zu hören, "Muchachos, wir träumen wieder", ob aus Lautsprechern und über Spotify, wo die Version der Ska-Band "La Mosca" zum meistgehörten Song aufgestiegen ist, oder auch aus den Kehlen von Schülergruppen, die sich in der ersten Frühlings-WM der südamerikanischen Geschichte schonmal für die zweimonatigen Sommerferien warm singen.
In Villa Luro, einem Stadtteil von Buenos Aires, ist eine vermeintliche Großmutter der Star: "Abuela Lalalalala" besingen dort Fans nach Siegen der Nationalmannschaft eine alte Dame, haben sie zu ihrem Glücksbringer für das Turnier erkoren. Eine Aufnahme gemeinsamer Freudentänze ging viral, andere im Land machen es ihnen nun nach, feiern mit Älteren vor deren Häusern oder an Seniorenheimen.
In der politischen Welt wird diskutiert, welchen Effekt der Titel haben könnte. Die meisten sind sich einig: Es wird die Alltagsprobleme nur vertagen, aber profitieren wird davon niemand; weder die angeschlagene Regierung der Peronisten, deren Vizepräsidentin Cristina Kirchner zuletzt wegen Korruption zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt worden war, noch die Opposition.