Schon seit Wochen wird über eine stärkere Begrenzung der irregulären Zuwanderung nach Deutschland diskutiert. Kommen Bund und Länder nun zu konkreten Maßnahmen, auch was umstrittene Finanzfragen anbelangt? Für Kanzler Olaf Scholz ist die Debatte Bedrohung und Chance zugleich.
Politisch schwierige Zeiten sind für Politiker Chance und Verderben zugleich. Sie können aus Krisen hervorgehen, gestärkt durch etwas, das die Amerikaner als „Leadership“ bezeichnen. Vor dem SPD-Kanzler Olaf Scholz liegt zur Halbzeit seiner Amtszeit nun eine derartige innenpolitische Herausforderung, bei der er Führungsstärke beweisen kann oder kläglich scheitert. Scholz wird oft gescholten für seine öffentliche Kommunikation.
Beim Thema Migration geht es nicht um einen kurzfristigen Erfolg bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag, etwa die Einigung auf ein Papier. Das ist bekanntlich geduldig. Sondern es geht um Grundlegenderes: Spätestens mit der Eskalation in Nahost wird deutlich, dass der deutsche Staat beim Thema Migration im Kern herausgefordert ist. Von rechts und von Kräften, die - teils durch Zuwanderung - den Staat, die Demokratie und seine Grundfeste in Frage stellen.
Scholz hatte das Thema Migration noch im Frühjahr deutlich unterschätzt. Erst wollte er gar nicht mit den Ministerpräsidenten reden, ein erster Gipfel bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser endete mit einem Eklat und kaum vorzeigbaren Ergebnissen. Ein Folge-Gespräch zwischen Kanzler und Ländern brachte vor allem ein Vertagen auf einen späteren Zeitpunkt.
Doch im Herbst 2023 ist die Situation eine andere. Um die Herausforderungen zu lösen, die AfD und sonstige Populisten in Schach zu halten, braucht es mehr. Es braucht einen großen Konsens. Ob dieser am Ende eines langen Abends im Kanzleramt entstehen kann, ist sicher fraglich. Es wird ein Prozess sein, den Scholz mit seinen Einladungen an den Oppositionsführer Friedrich Merz begonnen hat. Der Prozess muss Früchte tragen.
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